PUBLIKATION / FRANZISKANISCHE SPIRITUALITÄT

Regula Tertii Ordinis Regularis (TOR) / Text auf Deutsch

Breve Pontificum

BREVE PONTIFICIUM

25. Jahrestag der Approbation der TOR-Lebensregel durch Papst Johannes Paul II.

FRANCISCAN VITAE PROPOSITUM

Johannes Paul II

zu des Anlasses immerwährendem Gedenken

Das franziskanische Lebensideal zieht gerade in unseren Tagen, nicht weniger als in der voraufgegangenen Zeit, ununterbrochen zahlreiche Männer und Frauen an, die sich nach evangelischer Vollkommenheit sehnen und nach dem Reich Gottes trachten.

Dent Beispiel des heiligen Franziskus anhangend, bemühen sich die Mitglieder des Regulierten Dritten Ordens, Jesus Christus selber nachzufolgen, indem sie in brüderlicher und schwesterlicher Gemeinschaft leben, die evangelischen Räte des Gehorsams, der Armut,

der Keuschheit durch öffentliche Gelübde zur Beobachtung annehmen und sich der apostolischen Tätigkeit in verschiedenen Formen widmen Uni ihr Lebensideal umso vollendeter zu verwirklichen, wenden sie sich der beständigen Übung des Gebetes zu, pflegen untereinander die brüderliche Liebe und zeigen wahre Buße und christliche Selbstverleugnung. Da nun diese einzelnen Elemente und Grundsätze des franziskanischen Lebensideals in „REGEL UND LEBEN DER BRÜDER UND SCHWESTERN VOM REGULIERTEN DRITTEN ORDEN DES HEILIGEN FRANZISKUS” deutlich enthalten sind und so, wie sie umschrieben sind, ganz und gar einer franziskanischen Ordensgemeinschaft entsprechen, so bestimmen verordnen und entscheiden Wir kraft der Fülle Unserer apostolischen Vollmacht, dass diese Regel eine besondere Bedeutung und Wichtigkeit hat, den Brüdern und Schwestern den Sinn des echten franziskanischen Lebens darzulegen. Dabei haben Wir all das sorgfältig erwogen, was Unsere Vorgängen Leo X. und Pius XI.

in den Apostolischen Konstitutionen „Inter cetera” und „Rerum condicio” in dieser Angelegenheit verordnet haben. Weil Wir wissen, mit welcher Umsicht und Sorgfalt dieses Dokument „REGEL UND LEBEN” den Fortgang der angepaßten Erneuerung vollendet hat und wie glücklich es zum gewünschten Ziel der Übereinstimmung gekommen ist aufgrund gemeinsamer Diskussionen und Untersuchungen, Eingaben und Ausarbeitungen, deshalb vertrauen Wir zuversichtlich, dass „Leben und Regel” die angestrebten Früchte und Wirkungen der Erneuerung in der kommenden Zeit zur Genüge erreichen wird.

Wir ordnen an, dass dieser Ausdruck Unseres Willens stets unanfechtbar sei und sowohl jetzt als in Zukunft seine Kraft erweise. Entgegen gesetzte Sachverhalte, gleich welcher Art, sollen dabei in keiner Weise ein Hindernis sein. Gegeben zu Rom, bei Sankt Peter, unter dem Fischerring, am 8. Tag des Monats Dezember, im Jahre des Herrn 1982, im fünften Jahre Unseres Pontifikats.

(Siegel) (gezeichnet) Augustinus Kardinal Casaroli
Staatssekretär der Kirche

Worte des Heiligen Franziskus

WORTE DES HEILIGEN FRANZISKUS AN ALLE, DIE IHM FOLGEN

ES BEGINNT DIE REGEL UND DAS LEBEN DER BRÜDER UND SCHWESTERN VOM REGULIERTEN DRITTEN ORDEN DES HEILIGEN FRANZISKUS

WORTE DES HEILIGEN FRANZISKUS AN ALLE, DIE IHM FOLGEN

(BrGl I,1)

Im Namen des Herrn!
Alle, die den Herrn lieben aus ganzem Herzen, aus ganzer Seele und ganzem Sinnen, aus ganzer Kraft (vgl. Mk 12, 30) und ihre Nächsten lieben wie sich selbst (vgl Mt 22, 39) und ihr verkehrtes Ich mit seinen Lastern und Sünden hassen und den Leib und das Blut unseres Herrn Jesus Christus empfangen und würdige Früchte der Buße bringen:

O wie selig und gebenedeit sind jene Männer und Frauen, wenn sie tun und darin ausharren, denn auf ihnen wird der Geist des Herrn ruhen (vgl. Jes 11, 2),und er wird sich bei ihnen eine Wohnung und Bleibe schaffen (vgl. Joh 14, 23), und sie sind Kinder des himmlischen Vaters (vgl. Mt 5, 45), dessen Werke sie tun, und sie sind Anverlobte, Brüder und Mütter unseres Herrn Jesus Christus (vgl. Mt 12, 50).

Anverlobte sind wir, wenn die gläubige Seele durch den Heiligen Geist unserem Herrn Jesus Christus verbunden wird. Brüder sind wir ihm, wenn wir den Willen des Vaters tun, der im Himmel ist (Mt 12, 50); Mütter sind wir, wenn wir ihn durch die göttliche Liebe (vgl. 1 Kor 6, 20) und ein reines und lauteres Gewissen in unserem Herzen und Leibe tragen; wir gebären ihn durch ein heiliges Wirken, das anderen als Vorbild leuchten soll (vgl. Mt 5, 16).

O, wie ist es ehrenvoll, einen heiligen und großen Vater im Himmel zu haben! O, wie ist es heilig, einen solch hilfreichen, schönen und bewundernswerten Bräutigam zu haben! O, wie ist es heilig und lieb, einen solch wohlgefälligen, demütigen, Frieden stiftenden, süßen, liebevollen und über alles zu ersehnenden Bruder und einen solchen Sohn zu haben: unseren Herrn Jesus Christus, der sein Leben für seine Schafe hingegeben und zum Vater gebetet hat, indem er sprach: (vgl. Joh 10, 15) Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen, die du mir in der Welt gegeben hast. Dein waren sie, und du hast sie mir gegeben. Und die Worte, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben; und sie haben sie angenommen und haben in Wahrheit geglaubt, dass ich von dir ausgegangen bin; und sie haben erkannt, dass du mich gesandt hast. Ich bitte für sie und nicht für die Welt. Segne und heilige sie; und für sie weihe ich mich selbst. Nicht für sie allein bitte ich, sondern auch für diejenigen, die auf ihr Wort hin an mich glauben werden, damit sie zur Einheit geweiht seien, wie wir es sind. Und ich will, Vater, dass wo ich bin, auch jene mit mir seien, damit sie meine Herrlichkeit sehen in deinem Reich.

AMEN (vgl. Joh 17)

Kapitel I · Unsere Identität

Kapitel I · Unsere Identität

IM NAMEN DES HERRN!
ES BEGINNT DIE REGEL UND DAS LEBEN DER BRÜDER UND SCHWESTERN VOM REGULIERTEN DRITTEN ORDEN DES HEILIGEN FRANZISKUS

  1. Die Lebensform der Brüder und Schwestern vom Regulierten Dritten Orden des heiligen Franziskus ist diese: unseres Herrn Jesu Christi heiliges Evangelium zu beobachten durch ein Leben in Gehorsam (vgl. BReg 1, 1), in Armut und in Keuschheit. (vgl. RegKlara 1, 2; 6, 1) In der Nachfolge Jesu Christi und nach dem Beispiel des heiligen Franziskus sind sie gehalten, mehr und Größeres zu tun, indem sie die Gebote und Räte unseres Herrn Jesus Christus beobachten (BrGl II 36, 39). Und sie müssen sich selbst verleugnen (vgl. Mt 16, 24), wie es sin jeder dem Herrn versprochen hat. (BGl II 40)
  2. Gemeinsam mit allen, die in der heiligen katholischen und apostolischen Kirche Gott, dem Herrn, dienen wollen, mögen die Brüder und Schwestern dieses Ordens im wahren Glauben und in der Buße ausharren (NbReg 23, 7). Sie wollen diese evangelische Bekehrung leben im Geiste des Gebetes, der Armut und der Demut. Und sie sollen sich vor allem Bösen hüten und bis ans Ende im Guten verharren (NbReg 21, 9), denn er, der Sohn Gottes, wird in Herrlichkeit kommen und allen, die ihn erkannt und angebetet und ihm in Buße gedient haben, sagen: Kommt, ihr Gesegneten meines Vaters, nehmt das Reich in Besitz, das euch bereitet ist vom Anbeginn der Welt. (Vgl. Mt 25, 34; NbReg 23, 4)
  3. Die Brüder und Schwestern versprechen Gehorsam und Ehrerbietung dem Papst und der katholischen Kirche (BReg 1, 2). Im gleichen Geiste sollen sie denen gehorchen (vgl. RegKlara 1, 3), die zum Dienst an der Schwesternoder Brüder-Gemeinschaft eingesetzt sind (vgl. Breg 1, 3). Und wo immer sie auch sind und an welchem Orte (vgl. RegKlara 1, 5) sie sich treffen, müssen sie sich geistlich und aufmerksam begegnen und einander ehren (NbReg 7, 15). Auch sollen sie die Einheit und Gemeinschaft mit allen Gliedern der franziskanischen Familie pflegen.

Kapitel II · Von der Annahme dieses Lebens

Kapitel II · Von der Annahme dieses Lebens

  1. Jene, die auf Eingebung des Herrn zu uns kommen mit dem Willen, dieses Leben anzunehmen, mögen liebevoll aufgenommen werden (vgl. Test 1). Zur entsprechenden Zeit sollen sie den leitenden Oberen vorgestellt werden (NbReg 2, 1), welche die Vollmacht zur Aufnahme in die Schwestern- oder Brüder-Gemeinschaft haben. (Vgl. BReg 2, 1)
  2. Die leitenden Oberen sollen sich vergewissern, ob die, welche sich um die Aufnahme bewerben, wirklich zum katholischen Glauben stehen sowie zu den Sakramenten der Kirche (vgl. BReg 2, 2). Wenn sie geeignet sind, mögen sie in das Leben der Schwestern- (vgl. RegKlara 2, 2) oder Brüder-Gemeinschaft aufgenommen werden. Und alles, was zu diesem Leben nach dem Evangelium gehört, werde ihnen sorgfällig dargelegt, vor allem diese Worte des Herrn: Wenn du vollkommen sein willst, dann geh und verkaufe alles, was du hast, und gib es den Armen (vgl. Lk 18, 22), und du wirst einen Schatz im Himmel haben, und komm, folge mir. (Mt 19, 21) Und: Wenn einer mir nachfolgen will, verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir. (Mt 16, 24; NbReg 1, 2-3; vgl. RegKlara 2, 3-4)
  3. So sollen sie unter der Führung des Herrn das Leben der Buße beginnen und wissen, dass wir alle uns beständig bekehren müssen. Zum Zeichen, dass sie sich zum Leben nach dem Evangelium bekehrt und geweiht haben, sollen sie gewöhnliche Kleidung tragen und ein einfaches Leben führen. (vgl. NbReg 2, 11)
  4. Ist die Probezeit beendet, mögen sie zum Gehorsam angenommen werden, indem sie versprechen, dieses Leben und diese Regel immer zu befolgen (Breg 2, 11). Und alle Sorge und Besorgnis sollen sie hintanstellen und sich darum bemühen (vgl. RegKlara 2, 8), wie sie immer besser (NbReg 22, 26), mit geläutertem Herzen und reinem Sinn Gott dem Herrn dienen (vgl. Erm 16), ihn lieben, ehren und anbeten können.
  5. Immer sollen sie in sich selbst Wohnung und Bleibe bereiten ihm (vgl. Joh 14, 23), der da ist der Herr, der allmächtige Gott (NbReg 22, 27), der Vater und der Sohn und der Heilige Geist, auf dass sie mit ungeteiltem Herzen in die alles umfassende Liebe hineinwachsen und sich beständig zu Gott und zum Nächsten bekehren. (vgl. BrGl I 1, 5-10; BrGl II, 48-53).

Kapitel III · Vom Geist des Gebetes

Kapitel III · Vom Geist des Gebetes

  1. Überall, an jedem Ort, zu jeder Stunde und zu jeder Zeit sollen die Brüder und Schwestern wahrhaftig und demütig an ihn glauben und an ihm in ihrem Herzen festhalten und ihn lieben, ehren, anbeten, ihm dienen, ihn loben, benedeien und verherrlichen, den erhabensten und höchsten ewigen Gott, den Vater und den Sohn und den Heiligen Geist. Und sie sollen ihn anbeten mit reinem Herzen, denn man muß immer beten und nicht nachlassen (NbReg 23, 11); denn der Vater sucht solche Anbeter (Lk 15, 1; Joh 4, 23-24). Im gleichen Geist mögen sie das Göttliche Offizium verrichten in Vereinigung mit der gesamten Kirche. (NbReg 22, 29-30; NbReg 23, 8) Jene, die der Herr zum Leben der Beschaulichkeit berufen hat (Mk 6, 31), sollen mit täglich erneuerter Freude ihre Weihe an Gott kundtun und die Liebe preisen, die der Vater zur Welt hat, er, der uns erschaffen und erlöst hat und uns einzig durch sein Erbarmen retten wird. (NbReg 23, 8)
  2. Den Herrn, den König des Himmels und der Erde (Mt 11, 25) sollen die Brüder und Schwestern (vgl. NbReg 23, 1) mit allen seinen Geschöpfen loben und ihm Dank sagen (vgl. Sonn 3), weil er durch seinen heiligen Willen und durch seinen einzigen Sohn mit dem Heiligen Geiste alles Geistige und Körperliche sowie uns nach seinem Bild und seiner Ähnlichkeit geschaffen hat. (NbReg 23, 1)
  3. Indem die Brüder und Schwestern sich gänzlich nach dem heiligen Evangelium ausrichten, werden sie in ihrem Geiste die Worte unseres Herrn Jesus Christus bedenken und bewahren, der das Wort des Vaters ist, und die Worte des Heiligen Geistes (Joh 6, 63), die Geist und Leben sind. (vgl. BrGl II, 3)
  4. Sie sollen am Opfer unseres Herrn Jesus Christus teilnehmen und seinen Leib und sein Blut mit großer Demut und Verehrung empfangen, eingedenk, dass der Herr sagt: Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben. (Joh 6, 54; NbReg 20, 5)

    Sie mögen alle Ehrfurcht und alle Ehre, soviel immer sie können, dem heiligsten Leib und Blut unseres Herrn Jesus Christus und seinen hochheiligen niedergeschriebenen Namen und Worten erweisen, in dem alles, was im Himmel und auf Erden ist, befriedet und mit dem allmächtigen Gott versöhnt wurde. (vgl. Kol 1, 20; BrOrd 12-13; BrKl 1; Test 12)
  5. Und bei allen ihren Verfehlungen sollen die Brüder und Schwestern nicht säumen, innerlich durch die Reue und nach außen durch das Bekenntnis Buße zu tun; und sie sollen würdige Früchte der Buße bringen (Erm 23, 3; vgl. BrGl II, 25, 32). Auch müssen sie fasten und sich immer bemühen, einfältig und demütig zu sein. (Erm 19; BrGl II, 45) Nichts anderes sollen sie daher ersehnen als unseren Erlöser, der sich selbst durch sein eigenes Blut als Opfer und Gabe auf dem Altar des Kreuzes für unsere Sünden dargebracht hat (NbReg 23, 9; BrGl II, 11-14), indem er uns ein Beispiel hinterließ, damit wir seinen Fußspuren folgen.

Kapitel IV · Vom Leben in Keuschheit

Kapitel IV · Vom Leben in Keuschheit um des Himmelreiches willen

  1. Die Brüder und Schwestern sollen bedenken, in welch große Würde Gott, der Herr, sie eingesetzt hat, da er sie dem Leibe nach zum Bilde seines geliebten Sohnes und dem Geiste nach zu seiner Ähnlichkeit erschaffen und gestaltet hat. (Erm 5, 1; Kol 1, 16) Durch Christus und in Christus erschaffen, haben sie jene Lebensform erwählt, die in den Worten und Beispielen unseres Erlösers begründet ist.
  2. Indem sie sich in der Profeß zur Keuschheit um des Himmelreiches willen bekennen (Mt 19, 12), sind sie um die Sache des Herrn besorgt und sind verpflichtet, nichts anderes zu tun, als dem Willen des Herrn zu folgen. und ihm zu gefallen. (I Kor 7, 32) Und sie mögen alles so tun, dass die Liebe zu Gott und zu allen Menschen aus ihren Werken aufleuchte. (NbReg 22, 9) Sie seien dessen eingedenk, dass sie durch eine außerordentliche Gnadengabe berufen sind,
  3. in ihrem Leben jenes wunderbare Geheimnis offenbar zu machen, durch das die Kirche Christus, dem göttlichen Bräutigam, verbunden ist. (vgl. Eph 5, 22-26)
  4. Vor allem mögen sie sich das Beispiel der allerseligsten Jungfrau Maria, der Mutter Gottes und unseres Herrn Jesus Christus vor Augen halten. Das sollen sie tun entsprechend der Weisung des heiligen Franziskus, der die heilige Maria, die Herrin und Königin, ganz besonders verehrt hat, sie, die zur Jungfrau Kirche gemacht worden ist (GrMar 1). Und sie sollen sich daran erinnern, dass die unbefleckte Jungfrau Maria sich selbst als die Magd des Herrn bezeichnet hat (Lk 1, 38). Ihrem Beispiel mögen sie folgen.

Kapitel V · Von der Art zu dienen

Kapitel V · Von der Art zu dienen und zu arbeiten (NbReg 711)

  1. Die Brüder und Schwestern, denen der Herr die Gnade gegeben hat zu dienen und zu arbeiten, sollen wie Arme mit Treue und Hingabe arbeiten und zwar so, dass sie den Müßiggang, welcher der Seele Feind ist, ausschließen, jedoch den Geist des heiligen Gebetes und der Hingabe nicht auslöschen; ihm muß das übrige Zeitliche dienen. (BReg 5, 1-2; Vgl. RegKlara 7, 1-2)
  2. Was aber den Lohn der Arbeit angeht, so mögen sie für sich sowie für ihre Brüder und Schwestern das Nötige zum leiblichen Unterhalt annehmen und dies demütig, wie es Knechten Gottes und Anhängern der heiligsten Armut geziemt. (BReg 5, 3-4) Und sie sollen besorgt sein, alles, was erübrigt wird, an die Armen zu geben. Und niemals dürfen sie ach danach sehnen, über anderen zu stehen, sondern müssen vielmehr um Gottes willen die Knechte und Untergebenen jeder menschlichen Kreatur sein. (vgl. NbReg 2, 4; 9, 8; 1 Petr 2, 13; BrGl II, 47)
  3. Die Brüder und Schwestern seien milde, friedfertig und bescheiden, sanftmütig und demütig und sollen mit allen anständig reden, wie es sich gehört. Und wo sie auch sein mögen oder durch die Welt gehen, sollen sie nicht streiten, noch sich in Wortgezänk einlassen (vgl. Breg 2, 17; 3, 10-11), noch andere richten. Vielmehr sollen sie sich als solche zeigen, die sich im Herrn freuen und heiter und liebenswürdig sind (vgl. Phil 4, 4). Und als Gruß sollen sie sagen: Der Herr gebe dir den Frieden. (NbReg 7, 16; Test 23)

Kapitel VI · Vom Leben in Armut

Kapitel VI · Vom Leben in Armut

  1. Alle Brüder und Schwestern seien bemüht, der Demut und Armut unseres Herrn Jesus Christus nachzufolgen (2 Kor 8, 9), der, obwohl er reich war über alle Maßen (Phil 2, 7), selber in der Welt mit der seligsten Jungfrau Maria, seiner Mutter (NbReg 9, 1), die Armut erwählen wollte und sich selbst entäußert hat. (BrGl II, 5; vgl. RegKlara 6, 3) Und sie sollen daran denken, dass wir, wie der Apostel sagt, von der ganzen Welt nichts anderes nötig haben (NbReg 9, 1)als Nahrung und Kleidung; damit laßt uns zufrieden sein.(1 Tim 6, 8) Und sie sollen sich sehr hüten vor dem Geld. (BReg 5, 3-4; NbReg 8, 11) Auch müssen sie sich freuen, wenn sie mit gewöhnlichen und verachteten Leuten verkehren, mit Armen und Schwachen und Kranken und Aussätzigen und Bettlern am Wege. (NbReg 9, 2)
  2. Die wirklich arm im Geiste sind, folgen dem Beispiel des Herrn und eignen sich nichts an, noch machen sie es jemandem streitig, sondern sie leben in dieser Weltzeit wie Pilger und Fremdlinge. (vgl. Erm 14; vgl. Mk 10, 27-29; vgl. I Petr 2, 11; BReg 6, 1-2; 4-6) Dies ist jene Erhabenheit der höchsten Armut, die uns zu Erben und Königen des Himmelreiches eingesetzt, an Hab und Gut arm gemacht, durch Tugenden geadelt hat. (vgl. NbReg 7, 13; vgl. Jak 2, 5; vgl. Ps 142, 6)

    Diese soll unser Anteil sein, der hinführt in das Land der Lebenden. Dieser ganz und gar anhangend, dürfen wir um des Namens unseres Herrn Jesu Christi willen auf immer nichts anderes unter dem Himmel zu haben trachten.

Kapitel VII · Vom schwesterlichen und brüderlichen Leben

Kapitel VII · Vom schwesterlichen und brüderlichen Leben

  1. Um der Liebe Gottes willen sollen die Brüder und Schwestern sich gegenseitig lieben, wie der Herr sagt: Das ist mein Gebot, dass ihr einander liebt, wie ich euch geliebt habe. (Joh 15, 12) Und sie sollen die Liebe, die sie zueinander haben (vgl. Jak 2, 18), in Werken zeigen. Und vertrauensvoll offenbare einer dem anderen seine Not, damit er ihm, was er notwendig hat (vgl. I Joh 3, 18), ausfindig mache und verschaffe. (NbReg 11, 5-6; vgl. TestKlara 18; NbReg 9, 10) Selig sind, die den anderen, wenn er krank ist, ebenso lieben – was jener ihnen nicht entgelten kann -, wie wenn er gesund ist und er ihnen entgelten kann. (vgl. Erm 24) Und für alles, was ihnen widerfährt (NbReg 10, 3),
  2. sollen sie dem Schöpfer Dank sagen, und sie mögen so zu sein verlangen, wie der Herr sie will, gesund oder krank. Wenn es vorkommen sollte, dass einmal zwischen ihnen durch Wort oder Zeichen Veranlassung zur Aufregung entstände, so soll einer den anderen demütig um Verzeihung bitten (vgl. Mt 5, 24), bevor er vor dem Herrn die Gabe seines Gebetes darbringt. Wenn einer sich in schwerer Weise über die Lebensform hinwegsetzt, zu der er sich in der Profeß bekannt hat (vgl. Mt 18, 35), soll er vom Vorgesetzten oder von den anderen, die um seine Schuld wissen, ermahnt werden. Diese aber dürfen ihn nicht beschämen, noch herabsetzen; sie sollen vielmehr großes Erbarmen mit ihm haben.
    Alle aber müssen sich sorgfältig hüten, wegen der Sünde (vgl. BrMin 15), die jemand begangen hat, zornig und verwirrt zu werden (BReg 7, 3); denn Zorn und Verwirrung verhindern in ihnen selbst und in den anderen die Liebe. (vgl. RegKlara 9, 3-4).

Kapitel VIII · Vom liebenden Gehorsam

Kapitel VIII · Vom liebenden Gehorsam (Erm 3, 6; vgl. GrTug 3)

  1. Nach dem Beispiel des Herrn Jesus, der seinen Willen in den Willen des Vaters legte, sollen die Brüder und Schwestern eingedenk sein, dass sie um Gottes willen ihrem Eigenwillen entsagt haben. Auf allen Kapiteln, die sie halten, sollen sie zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit suchen und sich gegenseitig ermutigen (vgl. BrGl II, 10; BReg 10, 2; Mt 6, 33), damit sie die Regel, die sie versprochen haben, besser beobachten und treu den Fußspuren unseres Herrn Jesus Christus folgen können. (vgl. NbReg 18, 1; vgl. Test 34; vgl. RegKlara 10, 2) Sie dürfen keine Machtstellung oder ein Herrscheramt innehaben, vor allem nicht untereinander. Durch die Liebe des Geistes mögen sie einander freiwillig dienen und gehorchen. Und das ist der wahre und heilige Gehorsam unseres Herrn Jesus Christus. (vgl. Gal 5, 13; NbReg 5, 9. 14-15) Sie seien gehalten, immer einen leitenden Oberen zum Dienst an der Schwestern- oder Brüdergemeinschaft zu haben (vgl. BReg 8, 1),
  2. und sollen streng verpflichtet sein, ihm in allem zu gehorchen, was sie dem Herrn zu halten versprochen haben und was nicht gegen das Gewissen und diese Regel ist. (BReg 10, 3; vgl. RegKlara 10, 1)
  3. Jene, die Vorgesetzte und Dienende der anderen sind, sollen diese aufsuchen und sie in Demut und Liebe ermahnen und bestärken (NbReg 4, 2). Und wo immer Brüder und Schwestern sind (vgl. RegKlara 10, 1), die wissen und erkennen sollten, dass sie nicht in der Lage sind, die Regel im geistlichen Sinne zu beobachten, sollen und können sich an ihre Vorgesetzten um Beistand wenden. Diese aber sollen sie liebevoll und gütig aufnehmen und ihnen mit so großer Herzlichkeit begegnen, dass sie mit ihnen reden und umgehen können wie Herren mit ihren Dienern. Denn so muß es sein, dass die Vorgesetzten die Dienenden aller sind. (BReg 10, 4-6; vgl. RegKlara 10, 3; vgl. TestKlara 19)
  4. Und niemand darf ein zum Dienst bestimmtes Amt als Eigentum beanspruchen, sondern zur festgesetzten Zeit soll er selber willig sein Amt aufgeben. (vgl. NbReg 17, 4).

Kapitel IX · Vom apostolischen Leben

Kapitel IX · Vom apostolischen Leben

  1. Die Brüder und Schwestern sollen den Herrn lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele, mit ganzem Sinnen und mit ganzer Kraft (vgl. Mk 12, 30; vgl. Mt 22, 39; vgl. BrGl II, 1) und sollen ihre Nächsten lieben wie sich selbst. Sie sollen den Herrn in ihren Werken verherrlichen; denn dazu hat er sie in alle Welt gesandt, dass sie durch Wort und Werk seiner Stimme Zeugnis geben und alle wissen lassen, dass niemand allmächtig ist außer ihm. (vgl. Tob 12, 6; vgl. Tob 13, 4; vgl. BrOrd 8-9)
  2. Wie sie den Frieden mit dem Munde verkünden, so und noch mehr sollen sie ihn in ihrem Herzen tragen. Niemand soll durch sie zu Zorn oder Ärgernis gereizt werden; vielmehr seien alle durch ihre Milde zu Friede, Güte und Eintracht aufgerufen. Denn die Brüder und Schwestern sind dazu berufen, die Verwundeten zu heilen, die Gebrochenen zu verbinden und die Verirrten zurückzurufen. (vgl. 3-Gefährten-Leg. 58) Und wo immer sie auch sind, sollen sie bedenken, dass sie sich dem Herrn Jesus Christus übergeben und ihm ihre Leiber überlassen haben. Und um seiner Liebe willen müssen sie sich den sichtbaren wie den unsichtbaren Feinden aussetzen; denn der Herr sagt: Selig, die Verfolgung leiden um der Gerechtigkeit willen, denn ihrer ist das Himmelreich. (Mt 5, 10; NbReg 16, 10-12)
  3. In der Liebe, die Gott ist (I Joh 4, 16), sollen alle Brüder und Schwestern, ob sie beten oder dienen oder arbeiten, danach trachten, sich in allem zu verdemütigen, sich nicht zu rühmen, weder selbstgefällig zu sein, noch innerlich sich zu erheben wegen guter Worte und Werke, überhaupt über gar nichts Gutes, das Gott bisweilen in ihnen und durch sie tut oder spricht und wirkt. (vgl. NbReg 17, 5-6) An jedem Ort und in jeder Lage sollen sie alles Gute als Eigentum des Herrn, des erhabensten und höchsten Gottes, des Herrschers über alle Dinge, anerkennen; und ihm sollen sie Dank erweisen, von dem alles Gute ausgeht. (vgl. NbReg 17, 17).

MAHNUNG UND SEGEN

Mahnung Und Segen

  1. Alle Brüder und Schwestern sollen darauf bedacht sein, dass sie vor allem danach streben, den Geist des Herrn zu haben und sein heiliges Wirken. Und immer der heiligen Kirche untergeben, feststehend im katholischen Glauben (BReg 10, 8), sollen sie die Armut und Demut und das heilige Evangelium unseres Herrn Jesu Christi beobachten, was sie fest versprochen haben. (vgl. RegKlara 10, 7; BReg 12, 4; vgl. RegKlara 12, 11).

Und wer immer dies beobachtet, werde im Himmel erfüllt mit dem Segen des höchsten Vaters und werde auf Erden erfüllt mit dem Segen seines geliebten Sohnes in Gemeinschaft mit dem Heiligsten Geiste, dem Tröster, und allen Kräften des Himmels und allen Heiligen. Und ich, der ganz kleine Bruder Franziskus, euer Knecht, bestätige euch, soviel ich nur kann, innen und außen diesen heiligsten Segen. (Test 40-41)

(aus dem Lateinischen übersetzt: P. Lothar Hardick OFM)